Unterwegs entdeckt - kurz erklärt
Kopfweiden – knorrige Zeugen der Kulturlandschaft
Wer durch die Kulturlandschaft im Kreis Herford wandert, begegnet ihnen immer wieder: den alten, knorrigen Kopfweiden. Mit ihren markanten Silhouetten stehen sie oft entlang von Gräben, Wiesen und Flussufern – wie stille Zeitzeugen einer Landschaft, die über Jahrhunderte vom Menschen geformt wurde.
kurz und knapp
Kopfweiden verleihen der Landschaft ihren ganz besonderen Charme. Mit ihren knorrigen Stämmen und frischen, grünen Trieben wirken sie wie lebendige Skulpturen am Wegesrand. Einst vom Menschen geformt, sind sie heute Rückzugsorte für seltene Tiere wie den Steinkauz oder Fledermäuse. Wer zwischen Kopfweiden wandert, spürt die Verbindung von Natur und Kultur, hört das Summen der Insekten und genießt die einzigartige Stimmung dieser alten Baumgestalten.
Vom Nutzbaum zum Naturdenkmal
Kopfweiden sind charakteristische Bäume unserer Kulturlandschaft, die vor allem in Fluss- und Auenlandschaften zu finden sind. Es handelt sich um Weiden, die durch regelmäßigen Rückschnitt in ihrer typischen Form gehalten werden. Dabei werden die dünnen Äste in einem bestimmten Rhythmus – meist alle 5-8 Jahre – direkt oberhalb des Stammes abgeschnitten. Dadurch bildet sich im Laufe der Zeit eine knorrige Verdickung, der „Kopf“, aus dem immer wieder neue Triebe sprießen. Ursprünglich entstand diese Form der Baumwirtschaft aus praktischen Gründen: Die jungen, biegsamen Zweige dienten als Material für Flechtarbeiten und zum Binden, die dickeren Äste als Brennholz. Auch als Grundstücksmarkierungen oder zum Zaunbau wurden die Kopfweiden einst genutzt.
Lebensraum mit Geschichte
Heute hat die wirtschaftliche Bedeutung abgenommen, doch Kopfweiden sind wertvolle Lebensräume geblieben. In den hohlen Stämmen und Spalten finden zahlreiche Tierarten Unterschlupf, etwa Fledermäuse, Eulen, Spechte oder Feldsperlinge. Auch Insekten und seltene Moose profitieren vom besonderen Mikroklima dieser Bäume.
Darüber hinaus prägen Kopfweiden vielerorts das Landschaftsbild. Mit ihrer markanten Gestalt erinnern sie an alte Kulturlandschaften und bieten Wandernden einen Eindruck in das Zusammenspiel von Mensch und Natur.
Lebensraum für den Steinkauz
Der Steinkauz ist eine kleine, tag- und nachtaktive Eulenart, die eng mit traditionellen Kulturlandschaften verbunden ist. Besonders Kopfweiden bieten ihm ideale Brut- und Lebensräume. Durch den wiederkehrende Schnitt entstehen Höhlungen und Spalten im Stamm, die der Steinkauz als Nistplatz nutzt. Dort findet er Schutz vor Fressfeinden und ausreichend Platz für seine Brut.
Die offene, strukturreiche Umgebung solcher Bäume ist für den Steinkauz ebenso wichtig. Er jagt bevorzugt in kurzgrasigen Wiesen, Weiden und Obstgärten, wo er Insekten, Würmer und kleine Wirbeltiere leicht erbeuten kann.
Wenn Kopfweiden heute nicht mehr regelmäßig gepflegt werden, würden sie durch die Last der schweren Äste auseinanderbrechen und wertvolle Brutplätze verlorengehen. Der Erhalt und die Pflege von Kopf- und Hohlbäumen sind daher entscheidend für den Fortbestand des Steinkauzes – einer Art, die wie kaum eine andere das enge Miteinander von traditioneller Landnutzung und Artenvielfalt verkörpert. Die Biologische Station Ravensberg setzt sich seit Mitte der 1990er Jahren für den Erhalt und die Pflege dieser besonderen Bäume ein. Weitere Informationen zum Kopfweiden-Projekt finden Sie unter Kopfweiden – Biologische Station Ravensberg.
Foto: Angelika Meister
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Wegempfehlung
Eine rund 8 Kilometer lange Wanderung – auf der Route 9 (Bünder Bruch) – führt durch die weite Aue der Else. Entlang des Flusses und seiner Zuläufe säumen ausgedehnte Wiesen und charakteristische Kopfweiden den Weg und verleihen der Landschaft ihren besonderen Reiz. Ein schöner Ausflug für Naturbegeisterte, Ruhesuchende und alle, die die geschichtliche Vergangenheit der Kulturlandschaft erleben möchten.
Weitere Wanderrouten, auf denen sich Kopfweiden entdecken lassen:
Route 2 | Mühlenburg und Katzenholz
Route 6 | Gut Böckel und Voßholz
Route 18 | Füllenbruch
Route 21 | Uhlenbachtal und Eggeberg
Route 22 | Blutwiese und Werre
Route 23 | Sudbachtal
Unser Tipp
Natur braucht Rücksicht. Bleiben Sie bitte auf den Wegen, bringen Sie ein Fernglas mit – und genießen Sie die Schönheit dieser Landschaften ganz bewusst von dort aus.